Hamburgs künstliche Kaffee-Insel für den Kaiser

Am 19. Juni 1895 fand in Hamburg ein rauschendes Fest zu Ehren von Kaiser Wilhelm II. und zur Eröffnung des neuen Nord-Ostsee-Kanals statt. Um den Kaiser und seine Gäste standesgemäß zu empfangen und zu bewirten, errichtete die Stadt eine eigene künstliche Insel mitten in der Binnenalster.

Eine Tasse Kaffee mit Milch und Zucker
© Bild von 旭刚 史 auf Pixabay
21.10.2024

Robinsoninsel auf 723 Pfählen in nur 58 Tagen erbaut

In nur 58 Tagen Bauzeit wuchs die "insula in flumine nata" (lateinisch für "auf dem Fluss geborene Insel") auf 723 in den Grund gerammten Pfählen heran. Sie erstreckte sich auf 5.993 Quadratmetern und bildete den 34. Teil der Binnenalster-Fläche.

Gärtner, Zimmerleute und Felsen-Bauer formten die Insel zu einer romantischen Robinsoninsel mit Leuchttürmen, Grotten, Klippen und Aussichtspunkten. Über 5.500 Glühlampen tauchten sie am Abend in farbiges Licht. Ein Kompassbeet zeigte die Lage von Nord- und Ostsee an.

Platz für 1.500 Personen, ein Kaiserzelt und jede Menge Kaffee

Spazierwege, Zelte und Aussichtsplätze boten über 1.500 Gästen Platz. Im Inneren der künstlichen Insel verbarg sich eine ausgeklügelte Infrastruktur mit Toiletten, elektrischer Beleuchtung und Kochgelegenheiten für die Bewirtung.

In einem prunkvollen "Kaiserzelt" residierte der Kaiser und genoss den Überblick über die Stadt und das Festtreiben. In einem größeren "Gastzelt" konnten sich die anderen Gäste mit Speis, Trank und nicht zuletzt Kaffee stärken, bevor es mit einer Flotte geschmückter Alsterdampfer zur Elbfahrt nach Brunsbüttel ging.

Nach 100.000 Besuchern verschwand die Insel so schnell wie sie gekommen war

45 Tage lang zog die Insel hunderttausende Besucher an. Doch wer die Insel heute besuchen möchte, hat leider Pech. Am 31. Juli 1895 gab sie mit einem Wohltätigkeitskonzert ihre Abschiedsvorstellung, bevor sie innerhalb von 23 Tagen wieder vollständig abgebaut wurde. Nur Fotos und Berichte zeugen heute noch von Hamburgs einzigartiger Kaffee-Insel für den Kaiser.

Mit ihrem Aufwand bewies die Stadt Hamburg dem Kaiser ihre Wertschätzung und Verbundenheit zum Reich - und sorgte als guter Gastgeber dafür, dass es den Gästen bei der Einweihung des neuen Kanals an nichts fehlte, nicht einmal an einer Tasse Kaffee auf einer eigens erbauten Insel.